Kreatives Sound Design mit der Musikkassette – the.pilot.luna

Die Musikkassette ist für viele Menschen vor allem ein Symbol der Vergangenheit, doch für den Künstler und Klangdesigner Marc Bohn ist sie viel mehr als das: Sie ist ein lebendiges Sound-Design-Werkzeug, ein Texture-Generator und eine Brücke zwischen analoger Erinnerung und digitaler Gegenwart. In seinem Projekt the.pilot.luna nutzt er die einzigartigen Eigenheiten der Kassette, um kreative Klanglandschaften zu schaffen, die authentisch, organisch und unperfekt sind. Dabei geht es nicht darum, vergangene Zeiten nachzuhören, sondern die imperfekten Merkmale des Mediums – Bandrauschen, Dropouts, Schwankungen und Knistern – bewusst in den kreativen Prozess einzubeziehen und daraus neue Klangräume zu erschaffen.

Bohn beschreibt, wie das Arbeiten mit dem Tape zu einer meditativen Erfahrung wird, bei der Fehler und Zufälle zu entscheidenden Elementen der Musik werden. Sein Workflow unterscheidet sich grundsätzlich von digitaler Produktion: Statt stetigem Feinschliff auf dem Rechner setzt er auf direkte Aufnahme auf Kassette, anschließendes Spiel durch Effektgeräte und das bewusste Verzögern oder Verändern des Sounds durch analoge Manipulation.

Den vollständigen Artikel findet ihr in der Ausgabe 3/25 des Sound&Recording-Magazins und im Podcast zur Ausgabe. Jetzt bestellen:

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Seine Herangehensweise nutzt Effektgeräte wie den Strymon Cloudburst, Chase Bliss MOOD MK II, oder den Microcosm von Hologram Electronics, um die charakteristische Fragilität und Wärme der Kassette live zu verstärken. Besonders spannend sind die Tape-Loops, die er aus langen Bandrouten oder selbstgebauten Endlosschleifen erzeugt. Mit diesen Techniken entstehen atmosphärische Klangteppiche, die den Zuschauer in eine eigene Klangwelt entführen – von meditativen Wüstenwinden bis zu Sci-Fi-ähnlichen Atmosphären.

Ein weiterer faszinierender Aspekt ist seine Verwendung von Spielkonsolen wie dem Game Boy für Lo-Fi Klangtexturen, bei denen er das Signal durch modulierte Cassettendecks wandern lässt. Mit improvisierten Modifikationen, Loops und Effekten entstehen unerwartete, einzigartige Klangbilder, die im Moments immer wieder überraschen und inspirieren.

Das Besondere an der Arbeitsweise mit der Kassette ist die Unwägbarkeit: Fehler, Überschreibungen und technische Zufälle sind hier keine Probleme, sondern kreative Bausteine. Das Medium lehrt, imperfekt zu sein, Brüche zu akzeptieren und kreative Grenzen zu sprengen – eine starke Gegenbewegung zur makellosen Profiverarbeitung der digitalen Welt.

  • Der Whobblehead von Battery Operated hat in der Hülle ein Loch über einer der Spulen. Dadurch lässt sich mit dem Finger die Bandgeschwindigkeit steuern. Hier wurde der Löschkopf mit antistatischem Verpackungsmaterial abgeklebt, um Dropouts zu vermeiden.
    Der Whobblehead von Battery Operated hat in der Hülle ein Loch über einer der Spulen. Dadurch lässt sich mit dem Finger die Bandgeschwindigkeit steuern. Hier wurde der Löschkopf mit antistatischem Verpackungsmaterial abgeklebt, um Dropouts zu vermeiden.

In seinem Projekt verbindet Bohn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und zeigt, dass die Musikkassette ein aktives Instrument sein kann, das es zu entdecken gilt. Sie ist für ihn ein Zeitreisender, der unstete Schönheit, technische Möglichkeiten und ungeplante Überraschungen miteinander vereint. „Die Kassette ist ein unberechenbarer Komponist“, sagt er, und genau darin liegt ihre Stärke und Faszination.

 

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